9 zu Erzähler überliefert endlich den, der sie aufzeichnete, er- reichen. Aus dem Bisherigen geht hervor, dass die Begebenheiten, welche die Sagas erzählen, da sie lange vor den Beginn der Schrift fallen, dem Sagaschreiber nur durch mündliche Ueberlieferung zukommen mochten, dass die Form dieser Ueberlieferung nicht die des Liedes, sondern der prosaischen Erzählung war, die jedoch indem sie unter der Ueberwachung wohlunterrichteter Zuhörer vor sich ging und von besonders fähigen Leuten geübt wurde, sich nicht nur von Entstellungen rein erhielt, sondern auch eine be- stimmte Gestalt gewann, in welcher sie als ein bereits Fertiges dem Sagaschreiber zukam; die Erzählung war zur Saga geworden. Eine analoge Erscheinung bietet das erzählende Lied dar, auf das wir hier um so mehr geführt werden, als wenn auch nicht auf Island doch bei den Skandinaviern des Festlandes einige Jahr- hunderte später in ihm, in der kämpevisa die Erinnerung an Geschehenes vorzugsweise bewahrt wurde. Wie die Erzählung, knüpft auch diese an die Begebenheit an; doch nicht durch ein äusseres Bedürfniss hervorgerufen, bildet sie sich als unwillkür- licher Ausdruck der Empfindung, welche die Begebenheit anregte. Und so ist es auch die innere Bedeutung derselben, welche die kämpevisa darzustellen sucht, während die äussern Umstände ihr nur als Mittel der Darstellung gelten. Für seine Erhaltung und Fortpflanzung bürgt die Lebendigkeit der Empfindung, aus der es hervorgegangen und deren Träger es ist; die Form der Ueber- lieferung sichert ihm die seinem Innern allein entsprechende Form der metrischen Rede. Beide werden aufgezeichnet: doch wie der Zweck ein ver- schiedner, wird es auch der Erfolg sein, der hieraus für beide hervorgeht. Beide zwar sollen durch schriftliche Fixirung vor dem Vergessen geschützt werden; die sich hierin aussprechende Absicht des aufzeichnenden Subjectes beruht auf der Schätzung, die ihm das eine wie das andre einer durch Schrift gesicherten Ueberlieferung und Verbreitung wertli erscheinen lässt. Das Lied hat aber für ihn diesen Werth, wenn auch nicht lediglich, doch vorzugsweise durch seine Form, die Erzählung ausschliess- lich durch ihren Inhalt. Das Lied bleibt unverändert und die schriftliche Aufzeichnung ist eine blos mechanische, die das in seiner Form Geschlossene aus dem Gebiete des nur Hörbaren in das Sichtbare überträgt. Die Prosa der Erzählung, wenn auch sie theils unwillkürlich durch wiederholten Vortrag theils absieht-

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